Künstliche Intelligenz: Die 5 häufigsten Missverständnisse
Künstliche Intelligenz (KI) ist ein spannendes und sich schnell entwickelndes Feld, das bereits jetzt diverse Aspekte unseres (Arbeits-)Alltags erheblich beeinflusst und diese in Zukunft noch stärker verändern wird. Trotzdem (oder gerade deshalb) sind nach wie vor einige Missverständnisse zum Thema KI weit verbreitet. Dr. Sebastian Schönnenbeck erläutert fünf davon, die ihm in seinem Arbeitsalltag als Berater am häufigsten begegnen.
Missverständnis 1: KI ist das Gleiche wie Robotik
Obwohl KI und Robotik miteinander verwandt sind, sind sie nicht dasselbe. KI bezieht sich auf Computerprogramme und Algorithmen, die Teilaspekte menschlicher Intelligenz imitieren sollen. Roboter und Androiden sind dagegen physische Maschinen, die (repetitive) Aufgaben ausführen. Auch wenn viele Roboter mit KI ausgestattet sind, sind nicht alle KI-Systeme in Robotern untergebracht. Im Gegenteil: Der weitaus größte Teil aller existierenden KI-Systeme steuert kein physisches Objekt, sondern arbeitet rein digital.
Ein weiterer Begriff, der in diesem Zusammenhang auftaucht und zu Missverständnissen beiträgt, ist Robotic Process Automation (RPA). Obwohl hier „Robotic“ im Namen auftaucht, ist kein physischer Roboter gemeint, sondern eine Software-Technologie, die Prozesse wie z. B. das Übertragen von Daten von einem System in ein anderes automatisiert. Auch hier sind zunächst keine KI-Komponenten enthalten, RPA lässt sich allerdings damit erweitern.
Missverständnis 2: KI trifft rein objektive Entscheidungen
Da ein Computer an sich keine Gefühle oder Vorurteile hat, entsteht oft der Eindruck, eine von einer Künstlichen Intelligenz getroffene Entscheidung sei gänzlich objektiv und vorurteilsfrei. Moderne KI-Systeme werden aber in der Regel mit sogenannten Machine-Learning-Verfahren trainiert, bei denen dem System eine Vielzahl in der Vergangenheit getroffener Entscheidungen (samt zugehörigem Ergebnis) gezeigt werden, damit es lernen kann, diese Entscheidungen in Zukunft selbst zu treffen. Das heißt, dass alle Vorurteile, die diesen Entscheidungen zugrunde lagen, im Anschluss auch in der KI abgebildet sind. Aus diesem Grund ist gerade bei KI-Systemen, deren Entscheidungen einen direkten Einfluss auf Menschen haben, besondere Sorgfalt gefragt.
Hilfestellung dafür geben die von der EU formulierten Leitlinien für eine vertrauenswürdige KI. Darin sind sieben Kernanforderungen enthalten, die beim Einsatz von KI berücksichtigt werden sollten, z. B. Transparenz, Nichtdiskriminierung und Datenqualitätsmanagement.
Missverständnis 3: KI wird Aufgaben immer besser lösen als ein Mensch
Im Bereich Künstliche Intelligenz wurden in den vergangenen Jahren enorme Fortschritte erzielt. Inzwischen gibt es eine Reihe von Aufgaben, die KI-Systeme auf dem Level menschlicher Expert:innen erledigen können – in der Regel in hoher Geschwindigkeit und ohne dabei müde zu werden. Nichtsdestotrotz gibt es nach wie vor viele Aufgaben, bei denen selbst modernste KI-Systeme deutlich hinter Menschen zurückbleiben. Dies ist vor allem dann der Fall, wenn verschiedene Informationen aus vielfältigen Quellen aggregiert werden müssen oder wenn es um die Interpretation menschlichen Verhaltens geht. Das heißt aber nicht, dass KI in diesen Bereichen nutzlos ist. Vielmehr bietet es sich oft an, KI-Systeme zu nutzen, um menschlichen Expert:innen zuzuarbeiten und zusätzliche Informationen zur Verfügung zu stellen.
Missverständnis 4: Eine KI ist ein rein selbstlernendes System
Das Versprechen moderner KI-Methoden ist, dass es nicht mehr nötig sei, explizit zu programmieren, wie ein Problem zu lösen ist. Stattdessen lerne die KI dies weitestgehend selbst. Das ist nicht grundsätzlich falsch; es funktioniert aber nur, wenn man der KI ausreichend viele Beispiele des Problems mit der zugehörigen Lösung präsentiert und das Problem in einer Form aufbereitet, die für die KI handhabbar ist. Darüber hinaus lernt ein einmal trainiertes KI-System nur dann aus neuen Fällen, die es im operativen Einsatz zu Gesicht bekommt, wenn diese dem System zusammen mit der korrekten Lösung regelmäßig zum Nachtrainieren vorgelegt werden. Ohne einen solchen Prozess kann sich eine KI nicht selbstständig an neue Situationen anpassen.
Doch KI-Systeme müssen nicht nur trainiert werden. Auch deren Integration in andere Systeme und Prozesse sowie die Administration des daraus resultierenden Gesamtkonstrukts darf nicht vernachlässigt werden. Eine Möglichkeit, hier effizienter vorzugehen und IT-Abteilungen zu entlasten, ist der Einsatz von Machine Learning Operations (MLOps).
Missverständnis 5: Jedes Problem lässt sich vollständig mit KI lösen
Oft entsteht (auch durch die Marketing-Versprechen einiger im KI-Bereich vertreten Firmen) der Eindruck, dass sich jedes Problem durch den Einsatz von KI vollständig lösen ließe. In der Realität gibt es aber in den meisten Unternehmen so gut wie keine Prozesse, die sich von Anfang bis Ende durch eine KI abbilden lassen. Vielmehr ist KI ein Präzisionswerkzeug, das einzelne Prozessschritte besser, schneller oder effizienter gestaltet und so gemeinsam mit einem guten Fachkonzept und klassischen Digitalisierungsansätzen zu einem optimierten Gesamtprozess beiträgt.
Um dies tatsächlich operativ umzusetzen, empfiehlt sich eine strategische Herangehensweise, die nicht nur punktuelle Probleme berücksichtigt, sondern die Gesamtprozesse sowie die vor- und nachgelagerten Prozesse einbezieht. Sprich: Eine Digitalisierungsstrategie, die das gesamte Unternehmen, seine Beschäftigten (Stichwort Change Management), die IT-Landschaft und die vorhandenen Daten im Blick hat.
Wir hoffen, dass diese Hinweise Ihnen Orientierung geben, wenn Sie sich mit der Nutzung von Künstlicher Intelligenz in Ihrem Unternehmen beschäftigen. Wenn Sie darüber hinaus Fragen haben, wenden Sie sich gerne an Dr. Sebastian Schönnenbeck und seine Kolleg:innen: Hier können Sie Kontakt mit uns aufnehmen.