Comma Talk 2024 | 25. April in Bonn

Wie hat sich die Cyber-Security-Compliance in den vergangenen Jahren entwickelt und in welche Richtung steuern wir künftig? Das Recht der Cyber-Sicherheit hat sich der gegenwärtigen Bedrohungslage mittlerweile angepasst und betrifft schon lange nicht mehr nur die Betreiber:innen von Kritischen Infrastrukturen, sondern in weiten Teilen auch den deutschen und europäischen Mittelstand. Hier ist Cyber-Security-Compliance in der Praxis eine besondere Herausforderung, denn bislang haben sich vielfach noch keine Best Practices etabliert. Was das für die betroffenen Unternehmen einerseits bedeutet, wie aber andererseits auch der Einsatz von KI als Hilfsmittel durch den Gesetzgeber in der Cyber-Security-Compliance explizit vorgesehen wird, beleuchtet Prof. Dr. Dennis-Kenji Kipker in seinem Vortrag.

Prof. Dr. Dennis-Kenji Kipker ist wissenschaftlicher Direktor des cyberintelligence.institute in Frankfurt a.M. sowie Gastprofessor an der privaten, durch die Soros Foundation begründeten Riga Graduate School of Law in Lettland. Hier forscht er zu Themen an der Schnitt­stelle von Recht und Technik in der Cyber-Sicherheit, zu Konzernstrategie sowie zu digitaler Resilienz im Kontext globaler Krisen. Sein Forschungs­schwerpunkt liegt insbesondere im chinesischen und US-amerikanischen IT-Recht. Kipker ist Berater der Bundesregierung und der Europäischen Kommission sowie Mitglied im Advisory Board von NordVPN. Überdies ist er als Gutachter der Bayerischen Akademie der Wissenschaften tätig. Ehrenamtlich beteiligt sich Dennis Kipker in den USA am World Justice Project.

Mit den bahnbrechenden Neuerungen in Künstlicher Intelligenz scheinen die einst allgegenwärtigen Themen der Cyber-Sicherheit in den Hintergrund gerückt zu sein. Die teils frei verfügbaren Tools der Generativen KI können allen das Leben leichter machen – somit aber auch den Personen, die nichts Gutes im Schilde führen. Neben dem Risiko des unkontrollierbaren Datenabflusses können sich nun auch schon weniger erfahrene Angreifende einfach Schadcode erzeugen lassen oder schneller bislang unentdeckte Schwachstellen auftun, um im Anschluss ein Unternehmen zu infiltrieren. Daher ist es gerade die KI, die eine konsequente Umsetzung von Zero Trust-Prinzipien in der IT, aber auch in der Operational Technology (OT), umso wichtiger macht.

Thomas Müller-Lynch und Philipp Bergmann von der Siemens AG zeigen in diesem Vortrag, wie IT- und OT-Sicherheit ganzheitlich angegangen werden können und wie ein State-of-the-Art-Konzept von Zero-Trust aus Sicht des Siemens-Konzerns aussieht, das nicht nur das Sicherheitsniveau anhebt, sondern auch das Nutzererlebnis verbessert. Dabei spannen sie den Bogen zwischen der holistischen Sicht über alle Bereiche von Siemens und den spezifischen Vorteilen der Absicherung von Identitäten speziell in der IT, welche das Fundament moderner IT-Sicherheit sind. Neben den strategischen Überlegungen zur Konzentration auf einen bestimmten Technologieanbieter gehen die Vortragenden auch darauf ein, welche Potenziale die KI auch in der Abwehr von Cyberattacken hat.

Thomas Müller-Lynch ist seit 27 Jahren bei Siemens und hat in dieser Zeit verschiedene IT-Positionen in den Bereichen Web und Dokumentenmanagement innegehabt sowie in den letzten zehn Jahren im Bereich IT-Infrastrukturtechnologien. Aktuell leitet er als Principle Key Expert für Cyber-Security den Service Tower „Digital Identities“. Dieser umfasst den Microsoft-Stack von On-Prem Active Directory und Cloud Entra ID / Azure AD. Als Programm-Manager war er zudem für die globale Implementierung von Office 365 und Microsoft Cloud-Security bei Siemens verantwortlich, bevor er als einer von drei Programm-Managern das Siemens Zero Trust Programm übernahm.

Philipp Bergmann ist Senior Identity & Security Architect bei Siemens. Er kam 2019 mit den Schwerpunkten Cloud-Security und Microsoft Technologie-Stack in den Konzern und war seitdem an verschiedenen Projekten wie der Einführung von Office 365 einschließlich der Einführung verschiedener Sicherheitstechnologien bei Siemens beteiligt. In den letzten Jahren konzentrierte sich Philipp Bergmann auf die Entwicklung und Umsetzung der Siemens-Vision von Zero Trust. Außerdem ist er Senior Key Expert für Cyber-Security und Service Owner von Microsoft Entra ID bei Siemens.

Weidmüller ist ein führender Anbieter von Komponenten und Lösungen für die Industrial Connectivity und Automatisierungstechnik mit dem Fokus auf industrielle Anwendungen. Sebastian Wolf zeigt in seinem Vortrag, vor welchen Security-Herausforderungen Unternehmen dieser Branche stehen und wie KI dabei helfen kann, sie zu überwinden:

Immer mehr industrielle Komponenten und Anlagen werden mit IT-Netzwerken gekoppelt oder um Zugänge zu IT-Netzwerken und dem Internet erweitert (IIoT – Industrial Internet of Things). Dabei treffen bekannte, aber auch neue IT-Security-Bedrohungen direkt auf häufig unzureichend gehärtete Industrie-Komponenten. IIoT kann aber nur zusammen mit Security als integralem Bestandteil gedacht werden.

Um das richtige Maß an Security-Schutzmaßnahmen für Komponenten und Anlagen zu ermitteln, werden heute entlang des Produktlebenszyklus Risiko- und Bedrohungsanalysen mittels verschiedener kreativer „Threat Modeling“-Methoden durchgeführt. Derzeit erfolgen solche Analysen vielfach manuell und erfordern den Einsatz von gefragten, ausgewiesenen Fachkräften mit Spezialwissen.

Eine Möglichkeit, damit umzugehen, sind die Ergebnisse aus dem Forschungsprojekt SUSI (Software-basierte Unterstützung von Security-Risikobeurteilungen in der Industrie), die Sebastian Wolf vorstellt. Hier wird untersucht, wie die Durchführung von Bedrohungsanalysen unter Einsatz von verschiedenen Datenquellen und KI-Instrumenten automatisiert werden kann. Im Ergebnis soll eine Software entstehen, die auf Basis von Daten Bedrohungen für Komponenten und Systeme vorschlägt, bewertet und Gegenmaßnahmen ableitet.

Sebastian Wolf ist Teamleiter des Bereichs „Entwicklung Industrielle Kommunikations­technik“ beim Verbindungs­technik- und Elektronik-Hersteller Weidmüller. Die Schwerpunkte des Diplom-Informatikers (FH) liegen in der Embedded Software-Entwicklung, IT-Security und Kommunikations- und Netzwerktechnik. Außerdem verantwortet Sebastian Wolf die Auswahl und Qualifizierung von Entwicklungs­partnern, Security-Trainings für industrielle Netzwerk­anwendungen und leitet den ZVEI-Arbeitskreis Agile System-Entwicklung.

Für die gesetzlichen Krankenversicherungen (GKV) spielen Daten eine zentrale Rolle in der Erfüllung ihrer Aufgaben. Neue technologische Möglichkeiten, steigende fachliche Bedarfe und veränderte juristische Rahmenbedingen – etwa im Zuge des Gesundheits­daten­nutzungs­gesetzes – stellen die GKV dabei vor große Herausforderungen. Sie bieten aber auch neue Gestaltungs­möglichkeiten. Dies wirkt sich insbesondere auch auf lange etablierte Business Intelligence (BI)-Lösungen aus. BITMARCK – System­anbieter für einen großen Teil der GKV – reagiert darauf mit der Formulierung einer neuen BI-Strategie. Diese trägt dazu bei, die Wertschöpfungs­potenziale in vorhandenen und zukünftig entstehenden Daten besser zu nutzen und die GKV auf eine Welt vorzubereiten, in der Wissen und Daten immer stärker in die Alltags­prozesse einfließen. In seinem Vortrag berichtet Peter Hernold über „Lessons Learned“ bei der Erarbeitung der Strategie sowie deren Verzahnung mit der Daten­strategie und den KI-Aktivitäten von BITMARCK.

Peter Hernold ist seit 2008 beim Managed Service Provider BITMARCK und verantwortet dort als Business Developer die BI-Strategie. Zuvor hatte er verschiedene Funktionen im Unternehmen inne, in deren Rahmen er u. a. die das BI-Produktportfolio bei BITMARCK und den Aufbau eines Prognose­systems für den morbiditäts­orientierten Risiko­struktur­ausgleich in der GKV mitgestaltet hat. Als Wirtschafts­wissenschaftler verfügt Peter Hernold zudem über mehrjährige Expertise in der empirischen Wirtschafts­forschung und wirtschafts­politischen Beratung mit den Schwerpunkten Öffentliche Finanzen, Gesundheits­bericht­erstattung, Kranken­kassen­finanzierung sowie Simulation und Prognose von Risiko­ausgleichs­modellen.

Wie lässt dich (Generative) KI im Unternehmen etablieren und weiterentwickeln? Clemens Ruberg und Daniel Rempel von GOLDBECK zeigen, wie das Gewerbebau-Unternehmen mit „ChatGB“ seine unternehmenseigene GenAI-Lösung implementiert hat und operativ nutzt. Dabei gehen die Referenten einerseits darauf ein, welche technischen Herausforderungen z. B. bezüglich Datenintegration und Datenschutz gelöst wurden. Auf der anderen Seite beleuchten sie, wie der organisatorische Change unter Einbeziehung verschiedener Stakeholder gelingen konnte.

Clemens Ruberg ist Leiter der Teams Frontend & Backend Development bei GOLDBECK. Mit rund 30 Software-Entwickler:innen treibt er Innovationen im Unternehmen voran wie beispielsweise die Cloud-Transformation und Agile Arbeitsmethoden. Aktuell baut er ein neues internes AI-Team auf.

Daniel Rempel ist Software-Entwickler sowie Software-Architekt für Frontend und Backend. Sein Fokus liegt dabei auf dem Bereich Künstliche Intelligenz, speziell Data Mining und Machine Learning. Als Technical Lead und Software-Architekt baut er gemeinsam mit Clemens Ruberg den AI-Bereich bei GOLDBECK auf.

Die rasante Entwicklung Künstlicher Intelligenz, durch Large Language Models (LLMs) wie ChatGPT nochmals beschleunigt, fordert Unternehmen heraus, die Potenziale und Grenzen neuer Technologien kritisch zu evaluieren. Vor diesem Hintergrund stellen Alexander Schorn und Ilir Aliu einen methodischen Ansatz vor, der es ermöglicht, den tatsächlichen Mehrwert von KI-Anwendungen durch das Aufsetzen eines durch den Use Case getriebenen Prototyps zu identifizieren. Im Zuge dessen unterstreichen die beiden die essenzielle Rolle einer fundierten Datenstrategie, die nicht nur als Basis für die erfolgreiche Implementierung von KI Use Cases dient, sondern auch zur Verabschiedung der ersten strategischen Ausrichtung der SDK in diesem Bereich geführt hat. Der Vortrag zielt darauf ab, eine Brücke zwischen theoretischer Skepsis und praktischer Anwendbarkeit von KI-Technologien zu schlagen und einen Wegweiser für deren Integration in die Unternehmensstrategie zu bieten.

Alexander Schorn ist Hauptabteilungsleiter Markt­management und Service der Süddeutschen Kranken­versicherung. Damit verantwortet er einerseits die Zukunftsthemen des Hauses von der Strategie­entwicklung bis zu Data & Analytics, andererseits die operativen Service-Einheiten von Leistung bis Vertrag. Er blickt auf eine langjährige Erfahrung in der Versicherungs­branche mit Stationen im In- und Ausland bei Allianz, Zurich und Helvetia in den funktionalen Bereichen Markt­management, Operations und Vertrieb zurück. Alexander Schorn gilt als Vorreiter bei der Implementierung von innovativen Ansätzen vom Bottom-up NPS im Bereich der Kunden­orientierung über Prognose­modelle im Schaden­management bis zu den aktuellen Conversational AI Aktivitäten mit Blick auf Effizienz- und Effektivitäts­steigerungen.

Ilir Aliu spielt als Leiter des neu gegründeten Data & Analytics-Teams eine zentrale Rolle in der Umsetzung der strategischen Daten­initiative der SDK, die im Rahmen eines umfassenden Strategie­prozesses von ihm mit initiiert wurde. Diese Initiative, die durch die Einführung von LLMs noch verstärkt wird, zielt auf die optimierte Nutzung von Daten und Künstlicher Intelligenz ab. Seine Daten­affinität wurde bereits während seines Studiums als Volkswirt geprägt, wo er eine Vorliebe für komplexe statistische Modelle und Künstliche Intelligenz entwickelte. Diese Passion führte ihn zur Mitgründung der Hochschul­gruppe Trier School of AI.

Wie lässt sich unternehmensinternes Wissen mit Generativer KI effizienter handhaben – und zwar ohne dabei Regulatorik- oder Compliance-Risiken einzugehen? Dr. Andrej Fischer und Dr. Lars Flöer berichten, wie sie und ihre Kolleg:innen von Comma Soft mit dem Comma LLM eine Lösung für diese Fragestellung finden konnten. Sie erhalten Einblick in die Produktentwicklung sowie in die kommende Roadmap der GenAI-as-a-Service-Lösung.

Dr. Andrej Fischer ist Executive Manager bei Comma Soft und verantwortet die Bereiche Production, Health & Life Science sowie Custom Development & Operations. Mit seinem Team unterstützt er Digitalisierungs­projekte im industriellen Mittel­stand und hilft Unternehmen bei dem schwierigen Spagat zwischen nachhaltiger Optimierung der Unternehmens­prozesse und kreativer Innovation neuer digitaler Geschäfts­modelle. Besonders am Herzen liegt ihm die Befreiung menschlicher Expertise und Kreativität von repetitiven Tätigkeiten durch KI- & GenAI-gestützte Assistenzsysteme und Automatisierungen.

Dr. Lars Flöer verantwortet bei Comma Soft den Schwer­punkt­bereich KI. Als Lead Consultant Artificial Intelligence liegt sein Fokus auf der Entwicklung, Umsetzung und Operatio­nali­sierung von Machine Learning Lösungen (MLOps) auf Basis modernster Technologien und Algorithmen. Darüber hinaus setzt er bei Comma Soft Schwerpunkte im Bereich Forschung und Entwicklung im Umfeld Künstliche Intelligenz wie beispielsweise bei der Entwicklung des Comma LLMs.

Dr. Hans-Joachim Popp ist seit 1988 in der IT tätig. Der Elektroingenieur begann nach seiner Promotion über Software-Ergonomie und Software-Engineering seine Karriere als Product Manager in der Medizin-Informatik. Nach verschiedenen Positionen als CIO und IT-Operations Manager in der Industrie und beim Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt leitet er seit 2018 bei der Inhouseberatung der Bundeswehr ein Beraterteam für den CIO der Streitkräfte. Dr. Popp ist seit vielen Jahren im Präsidium des VOICE Bundesverband der IT-Anwenderunternehmen e.V. tätig, wo er den Verband gegenüber der deutschen und europäischen Politik in den Fachbereichen IT-Sicherheit/Cyberkriminalität, Lizenzmanagement und energieeffiziente Rechenzentren vertritt.