Homeoffice-Paradies Deutschland? Remote-Work auf dem Prüfstand
Deutschland ist bestens auf mobiles Arbeiten vorbereitet und der Wille zum Homeoffice ist vorhanden. Das ist zumindest das Ergebnis aktueller Studien. Gleichzeitig weisen sie darauf hin, was für die reibungslose Remote- und Hybrid-Arbeit noch fehlt – und zeigen, wo Unternehmen ansetzen können.
Homeoffice, Workations, hybride Arbeitsformen – seit der Pandemie ist mobiles Arbeiten aus unserem Alltag kaum noch wegzudenken. Rund um den Globus haben sich Unternehmen und ihre Mitarbeiter:innen auf die veränderte Arbeitsweise eingestellt. Mittlerweile entstehen regelrechte Zoom-Towns, in denen der Anteil an Remote-Arbeitenden besonders hoch ist. Deutschland soll sogar ein wahres Remote-Paradies sein: Laut Global Remote Work Index (GRWI) liegt die Bundesrepublik weltweit und auch innerhalb von Europa auf Platz 1 der Länder, in denen es sich am besten remote arbeiten lässt:
Welche Kriterien fördern Remote-Work?
Im Index wurden laut der GRWI-Methodologie verschiedene Studiendaten aus 66 Ländern rund um den Globus ausgewertet und unter gewichteten Kriterien analysiert:
- Cyber-Security: Wie sieht die IT-Infrastruktur aus? Wie wird mit Bedrohungen durch Cyber-Kriminalität umgegangen und welche rechtlichen Rahmenbedingungen gibt es?
- Wirtschaftliche & soziale Bedingungen: Wie gut ist die allgemeine Sicherheitslage, wie sehen Lebenshaltungskosten und Gesundheitsversorgung aus? Inwieweit ist die Infrastruktur für Tourismus und Reisen ausgelegt? Auf welchem Niveau liegen die Englischkenntnisse?
- Digitale Infrastruktur: Sind Zugang zum und Qualität des Internets ausreichend gewährleistet? Inwieweit besteht eine digitale Infrastruktur, z. B. in den Bereichen Bildung und öffentliche Verwaltung?
- Covid-Regelungen: Wie hoch ist die Impfquote? Welche Maßnahmen zur Prävention, Erkennung und Meldung von Infektionen gibt es und wie steht es um die Reaktionsfähigkeit?
Deutschland liegt vor allem in den Bereichen Cyber-Security (Platz 3) und bei den wirtschaftlichen und sozialen Bedingungen (Platz 5) vorne. Beim Umgang mit Covid belegt es allerdings „nur“ Platz 15 und hinsichtlich der digitalen Infrastruktur Platz 17. Im Vergleich mit den anderen untersuchten Ländern kommt Deutschland dennoch auf das beste Gesamtergebnis. Wenn man berücksichtigt, dass die digitale Transformation voranschreitet und sich dadurch die digitale Infrastruktur in Zukunft verbessern sowie der Umgang mit Covid ein immer weniger kritischer Faktor wird, sollte der Weg für „New Work“ in Deutschland frei sein. Doch wie sieht die Realität in den Unternehmen aus?
Aufholbedarf bei New Work-Konzepten und ‑Kompetenzen
Tatsächlich ist die Lage längst nicht so ideal, wie der obige Index zunächst vermuten lässt. Aus unserer Erfahrung in Digitalisierungsprojekten wissen wir, dass Remote-Work auch heute noch nicht immer so reibungslos funktioniert wie gewünscht. Das stützen auch weitere aktuelle Studien wie z. B. die der Haufe-Gruppe: Hier sahen 73 Prozent aller Befragten und sogar über 80 Prozent der Geschäftsführer:innen die Vorteile und Chancen von Homeoffice – die Akzeptanz ist also vorhanden. Allerdings gab nur ein Viertel der Befragten an, dass in ihrem Unternehmen auch konkrete Konzepte umgesetzt werden. Das Ausstatten der Mitarbeiter:innen mit Laptop und Collaboration-Tools ist vielleicht weitgehend abgeschlossen. Dies ist aber nur eine Seite der Medaille. Auf der anderen Seite steht die Unternehmenskultur als entscheidender Faktor: Neben den technischen Voraussetzungen braucht es gegenseitiges Vertrauen und gute Kommunikation, damit mobiles Arbeiten funktionieren kann. Wenn beides gegeben ist, kann die Qualität der Arbeit an Ergebnissen statt an 9-to-5-Präsenzarbeitszeit gemessen werden.
Darüber hinaus sind Schulungen und Weiterbildungen für das virtuelle und hybride Arbeiten, für neue Formen der Zusammenarbeit und der Kommunikation notwendig, damit die neue Arbeitsweise im Unternehmen organisatorisch und kulturell ausreichend verankert werden kann.
Konzepte ganzheitlich angehen und Mitarbeiter:innen mitnehmen
Was können Unternehmen konkret tun? Neben der Einführung und dem Ausbau eines modernen digitalen Arbeitsplatzes ist es hilfreich, die Mitarbeiter:innen schon früh einzubeziehen. Aus ihrer täglichen Arbeit wissen sie, was sie für mobiles und hybrides Arbeiten brauchen. Zusammen mit den IT-Anforderungen ergeben sich so Fragen, die bei der Ausarbeitung eines Konzepts helfen, z. B.:
Organisatorisch und kulturell
- Wann und wo werden Mitarbeiter:innen arbeiten? Ausschließlich remote, die Hälfte der Zeit im Büro oder an anderen Orten?
- Wird die neue Arbeitsweise durch Vorstand und Führungsebene getragen und vorgelebt? Müssen gezielt Multiplikatoren benannt werden?
- Wie gelingt es Führungskräften, remote den Kontakt mit ihrem Team aufrechtzuerhalten? Welche neuen Führungskompetenzen sind nötig?
- Wie organisieren sich Einzelne und Teams über Distanzen? Wie finden Kommunikation und Zusammenarbeit tagtäglich statt?
- Müssen Prozesse, die vor Ort funktionieren, für mobiles und hybrides Arbeiten angepasst werden?
- Wie kann das Büro zu einem Ort werden, an den Mitarbeiter:innen gerne freiwillig kommen und wo sie gleichzeitig die Möglichkeit haben, mit remote arbeitenden Kolleg:innen, Partnern und Kunden zu kollaborieren?
- Welche Bedürfnisse haben einzelne Teammitglieder und wie lassen sich diese miteinander vereinen?
- Braucht es neben Schulungen in digitaler Kompetenz auch neue Teambuilding-Formate, die den Zusammenhalt im Team verbessern?
Technisch
- Welche Devices sind sowohl im Homeoffice als auch in den Büroräumen neben Laptop und Mobiltelefonen noch nötig, z. B. Bildschirme, Kameras, Headsets & Beleuchtung?
- Welche Anwendungen müssen angepasst oder neu eingeführt werden und wie integrieren sie sich in die bestehende IT-Landschaft?
- Wie sehen Device Management und Support vor Ort und remote aus?
- Wie erfolgt der mobile Zugriff auf Informationen, Daten und Anwendungen?
- Welche Sicherheitsvorkehrungen sind nötig, um einen flexiblen und zugleich für Anwender:innen komfortablen Wechsel zwischen Büro, Homeoffice und anderen Orten zu ermöglichen?
Dies sind nur einige Beispiele, wie sich Unternehmen einem Konzept nähern können, dass zu ihrer Kultur und ihren Arbeitsweisen passt. Idealerweise gehen dann technische und organisatorische Neuerungen Hand in Hand und verstärken ihre Wirkung gegenseitig.
Wie weit sind Sie bei Konzeption und Umsetzung neuer Arbeitsmodelle? An welchen Stellen wünschen Sie sich Unterstützung? Ayda Stommel und ihre Kolleg:innen aus dem Modern Workplace-Team helfen Ihnen gerne weiter: Hier können Sie Kontakt mit ihnen aufnehmen.