Personalisierte Medizin: Digital Twins revolutionieren das Gesundheitswesen

Schnellere Medikamentenzulassung, personalisierte Behandlung, verbesserte Prävention: Digitale Zwillinge bergen enormes Potenzial für Forschung und Gesundheitswesen. In welchen Anwendungsfeldern sie zum Einsatz kommen können, wie sich mit Federated Learning Compliance-Hürden überwinden lassen und welche Rolle eine Daten- & KI-Strategie dabei spielt, erklärt Dr. Henning Dickten, Head of Consulting Pharma & Life Science bei Comma Soft.

In der Industrie sind sie schon längst bekannt: Digitale Zwillinge, die mithilfe von Daten und Algorithmen u. a. Status, Funktionalität und Reaktion von Maschinen und Prozessen simulieren. Damit entwickeln Industrieunternehmen z. B. Prototypen schnell und kostengünstig und optimieren ihre gesamte Wertschöpfungskette. Auch in Medizin und Pharmaforschung bieten Digital Twins zahlreiche Vorteile: Test-Kohorten lassen sich mit virtuellen Patient:innen erstellen, was die Medikamentenentwicklung beschleunigt. Ärzt:innen können Diagnosen schneller stellen und Therapien an Digital Twins simulieren. Das Ergebnis sind bessere Möglichkeiten für eine personalisierte Medizin und niedrigere Gesundheitskosten. Trotzdem ist der Einsatz von Digital Twins in Medizin und Pharma bisher eher zurückhaltend. Woran liegt das und wie lassen sich bestehende Hürden überwinden?

Ohne Daten kein Digital Twin

Die Basis für Digital Twins sind schlichtweg Daten – viele sowie qualitativ hochwertige Daten. Mit ihnen werden im ersten Schritt allgemeine Modelle erstellt, die z. B. die Physiologie oder die Reaktion von Menschen auf Medikamente nachbilden. Im zweiten Schritt entsteht aus einem solchen generischen Modell ein individuell auf Patient:innen angepasster digitaler Zwilling. Er macht Prognosen über Behandlungs- und alternative Therapieverläufe möglich, bevor diese an den Patient:innen selbst angewandt werden. Anschließend lassen sich mehrere solcher Digital Twins zu virtuellen Testkohorten zusammenfassen und für Studien zu Behandlungsprotokollen und Outcomes nutzen, was Zeit und Geld spart. Die große Frage ist nur: Woher bekommen Pharmaunternehmen, Forschungseinrichtungen und Krankenhäuser die nötigen Daten? Zum einen aus real erfolgten Behandlungen und Untersuchungen, zum anderen aus den eigens aufgesetzten Forschungsstudien. Diese in den jeweiligen Einrichtungen erhobenen Datenmengen reichen allerdings für den effizienten Einsatz von digitalen Zwillingen meist nicht aus, insbesondere bei seltenen Erkrankungen. Wenn sich Einrichtungen miteinander vernetzen und ihre Daten teilen würden, sähe das schon anders aus. Und genau hier hakt es in der Praxis: Der Datenaustausch ist wegen regulatorischer Vorgaben nicht möglich. So behält jede Organisation ihren Datenschatz für sich. Das muss und sollte nicht so bleiben.

Mit Federated Learning Gesundheitsdaten sicher teilen

Ein bloßes Austauschen sensibler personenbezogener Gesundheitsdaten ist rechtlich und ethisch nicht vertretbar. Eine sichere Alternative bieten hier föderierte Ansätze des maschinellen Lernens, die ein Share-without-Sharing möglich machen. Dabei verbleiben die Daten von Patient:innen und Proband:innen in der jeweiligen Organisation. Nur die generalisierten Erkenntnisse, die ihre digitalen Zwillinge generieren, werden weitergegeben. Mit diesen Ergebnissen können Digital Twins in anderen Einrichtungen individuell trainiert und verbessert werden, ohne dass sie die originalen Gesundheitsdaten nutzen. Datenschutzkonform und datensparsam. Durch einen Austausch über die Grenzen von Pharmaunternehmen, Krankenhäusern und auch Leistungsträgern hinweg lässt sich dann die gesamte Wertschöpfungskette des Gesundheitswesens verbessern – mit Digital Twins und zahlreichen weiteren digitalen Gesundheitsservices:

  • Die Pharma-Industrie beschleunigt klinische Studien und kann Medikamente schneller auf den Markt bringen.
  • Krankenkassen nutzen Digital Twins für Präventionsangebote, z. B. in Gesundheitsapps, und verringern so kostenintensive Behandlungen.
  • Ärzt:innen können die Früherkennung z. B. von Demenz und Depression verbessern und deren Verlauf abmildern.
  • Krankenhäuser bieten personalisierte Therapien z. B. bei Osteoporose, Krebs- oder Stoffwechselerkrankungen an, die besser und schneller anschlagen.
  • In der medizinischen Ausbildung sammeln Studierende mit Digital Twins praktische Erfahrungen, bevor sie Menschen behandeln.

Hier liegt die Chance auf eine enge Verzahnung von Prävention, Früherkennung, Behandlung, Nachsorge und Lehre. Neben dem positiven Effekt auf die Gesundheitskosten würde sich durch eine intensive Nutzung von Digital Twins mittelfristig die Gesundheit zahlreicher Menschen verbessern und damit deren Lebensqualität und Leistungsfähigkeit steigern lassen.

IT-Infrastruktur fit für Federated Learning machen

Neue Technologien wie Federated Learning überwinden Compliance-Hürden. Daneben gibt es aber noch eine weitere Herausforderung: Die IT-Landschaft muss auch für Daten- und KI-getriebene Prozesse sowie das sichere Teilen von Forschungsergebnissen ausgelegt sein. Wie gut ist die Infrastruktur dafür aufgestellt, welches Know-how bringt die eigene IT mit? Ist eine Cloud-Strategie oder die Anbindung einer externen Kollaborationsplattform sinnvoll? Welcher Schnittstellen bedarf es dafür? Bei diesen Fragen helfen oft externe Expert:innen, die Erfahrung aus ähnlichen Projekten mitbringen und neben der Modernisierung der Infrastruktur auch die Implementierung und Operationalisierung von Machine Learning unterstützen. Gleichzeitig können externe Consultants als Bindeglied zwischen Fachbereichen und IT fungieren, eine enge Verzahnung aller Bereiche sicherstellen und das Schaffen von Synergien fördern. Dr. Henning Dickten und sein Team haben durch dieses Vorgehen bereits zahlreiche Organisationen auf ihrem Weg zum datengetriebenen Unternehmen begleitet. Mit ihrem Wissen stehen sie auch Ihnen gerne zur Seite. Wenn Sie dazu mehr erfahren möchten, können Sie hier Kontakt mit ihnen aufnehmen.