Digitalisierungsstrategien entwickeln in Analogie zum Taxifahren: Das Ziel kommt vor der Route

Immer mehr Unternehmen verfügen über eine Digitalisierungsstrategie und schärfen sie – allerdings oftmals nur für Teilbereiche. Dem gegenüber steht ein ganzheitlicher, strategischer Ansatz, der Unternehmens- und Digitalisierungsstrategie in Einklang bringt und der Kunden und Mitarbeiter:innen als Menschen einbezieht. Warum Unternehmen mit dieser ganzheitlichen Strategie auf lange Sicht besser fahren, beleuchtet unser COO Benjamin Schulte.

Ohne Digitalisierung geht es heute nicht mehr. Darin sind sich mittlerweile die meisten Unternehmen einig, wie eine aktuelle bitkom-Studie zeigt. Demnach geben 84 Prozent an, über eine Digitalisierungsstrategie zu verfügen – ein deutlicher Anstieg im Vergleich zur Zeit vor der Pandemie, als der Wert noch 10 Prozent niedriger war. Schaut man sich die Ergebnisse von bitkom näher an, konzentriert sich allerdings die Hälfte der Unternehmen bei der Strategie auf einzelne Unternehmensbereiche, wie z. B. Vertrieb, Kundenservice, Logistik oder Produktion. Nur jedes dritte Unternehmen verfolgt eine ganzheitliche, unternehmensweite Strategie. Die enge Verzahnung aller Bereiche sowie von Unternehmens-, Daten- und IT-Strategie ist auch aus meiner persönlichen Erfahrung immer wieder ein Punkt, an dem Unternehmen Unterstützung suchen. Sie stellen fest, dass Digitalisierungsmaßnahmen in einzelnen Bereichen kurzfristig Erfolge bringen – was natürlich wünschenswert ist –, aber auf lange Sicht nicht ineinandergreifen und damit nicht nachhaltig Wirkung entfalten. Es ist aus meiner Sicht an der Zeit, sich in Erinnerung zu rufen, warum eine ganzheitliche Strategie sinnvoll ist und was sie ausmacht.

Umfassend denken: Die strategische Vision kommt vor dem Plan

Wenn ich mich in ein Taxi setze, nenne ich dem Fahrer im besten Fall eine konkrete Adresse. Oder ich bin fremd in einer Stadt und weiß nur, dass ich Hunger habe und zu einem Restaurant möchte. Der Fahrer wird mich nach meinen Vorlieben fragen – asiatisch, italienisch, vegetarisch? – und auch nach meinen Budgetvorstellungen. Mit seiner Menschenkenntnis kann er vielleicht sogar einschätzen, ob ich es eher schlicht und ruhig oder lebhaft und ausgefallen mag. Erst wenn das geklärt ist, fahren wir los. Erst dann wird die Route zum Ziel festgelegt und an Verkehrslage, Baustellen etc. angepasst. Dieses einfache Beispiel zeigt, wie die Strategie-Entwicklung aussehen kann. Wo stehe ich gerade, wie nehmen andere mich wahr und was will ich (nicht) erreichen? Das ist die Essenz einer jeden Strategie. Bezogen auf Unternehmen heißt das, sich damit auseinanderzusetzen, wie das eigene Business aktuell läuft, was Wettbewerber machen, wie Kunden reagieren. Daran schließt sich dann die Frage an, wie all das in Zukunft aussehen soll. Es ist die große Vision, das Zielbild, das zuerst entwickelt wird. Erst dann kommt die Planungsphase, in der die einzelnen Etappen festgelegt werden. Digitalisierung, Datennutzung, der Einsatz von Künstlicher Intelligenz und Machine Learning sind dabei die Maßnahmen, die ein Unternehmen zu dem Ziel bringen, sich durch eine datengetriebene Ausrichtung nachhaltig wettbewerbsfähig aufzustellen.

Umdenkbar halten: Strategien sind nicht in Stein gemeißelt

Im operativen Alltag kommen strategische Überlegungen schnell zu kurz. Wer hat zwischen Kundenbetreuung, Verhandlungen mit Lieferanten, Produktionsplanung und Dokumentationspflichten schon Zeit dafür? Es lohnt sich aber, innezuhalten und sich selbst in einem Strategie-Check zu reflektieren. Am besten regelmäßig zu einem festgesetzten Termin. Wo stehen wir, wie haben wir uns seit dem letzten Termin weiterentwickelt, wohin soll die Reise als nächstes gehen? Dabei ist auch Flexibilität gefragt. Die Vorstellung, dass man einmal eine Strategie festlegen, einen Plan machen und dann chronologisch alle Punkte abarbeiten könne, funktioniert leider nur in der Theorie. In der Realität haben wir es immer wieder mit veränderten Marktbedingungen sowie neuen wirtschaftlichen und politischen Gegebenheiten zu tun. Darauf muss ein Unternehmen flexibel reagieren und seine Planung, gegebenenfalls auch seine ganze Strategie agil anpassen können. Wir erinnern uns an das Taxi: Ist eine Straße unerwarteterweise gesperrt, wählt der Fahrer eine alternative Route, die zum Ziel führt. Bezogen auf die Digitalisierung heißt das: Neue Technologien im Blick behalten, neue Geschäftsmodelle erschließen, aber auch nein sagen können und nicht jeden Trend mitmachen, wenn er nicht auf die Unternehmensziele einzahlt.

Umsetzbar machen: Der Mensch steht im Fokus

Ob Unternehmens- oder Digitalisierungsstrategie: Bei vielen Workshops könnte man den Eindruck bekommen, dass alle strategischen Überlegungen auf die Optimierung eines abstrakten Gebildes abzielen. Es kommen Prozesse und Technologien zur Sprache, KPIs und Organisationsdiagramme. Die Organisation besteht aber aus Menschen. Jede noch so ausgefeilte Strategie ist zum Scheitern verurteilt, wenn sie die Mitarbeiter:innen nicht mitnimmt, wenn sie ihre Persönlichkeit, ihre Fähigkeiten und Talente unberücksichtigt lässt. Auch sie gehören in die strategischen Überlegungen und in die Planung – und gestalten sie im besten Fall mit. Denn die Ideen Vieler bereichern sich, bilden die Grundlage kritischer Reflexion und schaffen ein Bewusstsein für die Zielsetzungen des Unternehmens als Ganzes.

Das alles ist komplex, keine Frage. Mit digitaler Unterstützung und einer guten Datenbasis lassen sich aber Prognosen leichter treffen und verschiedene Zukunftsszenarien simulieren: Wie kann sich das Unternehmen entwickeln, wenn es die Fähigkeiten seiner Mitarbeiter:innen optimal nutzt, Kundenbedürfnisse frühzeitig erkennt und sie mit den Unternehmenszielen abgleicht? Hier schließt sich der Kreis: Digitalisierung, KI und Daten unterstützen bei der Strategieentwicklung und sind gleichzeitig Maßnahmen, um diese umzusetzen. Und warum das alles? Für wen? Für Menschen, die im Unternehmen täglich mit neuen Technologien arbeiten, Menschen, die die Produkte und Services des Unternehmens nutzen und deren Leben dadurch einfacher und angenehmer wird. Dieser Gedanke kann bei allen strategischen Überlegungen ein gutes Korrektiv sein.

Benjamin Schulte verantwortet als COO von Comma Soft neben der Unternehmensstrategie, deren Umsetzung sowie zahlreichen Kundenprojekten auch sämtliche Personalthemen von Recruiting bis Personalentwicklung. Wenn Sie sich mit ihm über Ihre Digitalisierungsstrategie austauschen möchten, melden Sie sich gerne unter +49 228 9770-159 oder über unser Kontaktformular.