Nachhaltig durch die Krise? Warum Unternehmen jetzt erst recht ansetzen

Warum setzen immer mehr Unternehmen auf Nachhaltigkeit? Was sind die Triebkräfte hinter diesem Trend? Unser Nachhaltigkeitsbeauftragter und ESG-Consultant Dr. Michael von Papen erläutert, welche Chancen sich daraus für Unternehmen ergeben und wie die Umsetzung gelingen kann.

In den letzten Jahren haben viele Unternehmen das Thema Nachhaltigkeit bzw. ESG (Environment, Social, Governance) auf ihre Agenda gesetzt und bereits viele positive Veränderungen angestoßen. Während dies meist aus Überzeugung geschah, zeigt sich insbesondere in der derzeitigen Krise, dass es auch wirtschaftlich sinnvoll ist, sich nachhaltig auszurichten. Dies stützt auch die aktuelle Studie der Commerzbank-Initiative Unternehmerperspektiven, gemäß der die befragten Unternehmen vielerlei Chancen sehen, die sich aus Nachhaltigkeitsbestrebungen ergeben: vom besseren Umgang mit Ressourcen über das Wahrnehmen sozialer Verantwortung bis hin zur Steigerung der Arbeitgeberattraktivität. Schauen wir uns die wichtigsten Gründe für Nachhaltigkeit und ihre Auswirkungen näher an:

1. Soziale Verantwortung übernehmen

Immer mehr Unternehmen möchten soziale Verantwortung übernehmen. Sie fühlen sich der Umwelt, den Menschen und nachfolgenden Generationen verpflichtet. Dabei geht es z. B. um faire Arbeitsbedingungen für die eigenen Mitarbeiter:innen sowie Fairness gegenüber Externen, Zulieferern und Produzenten entlang der gesamten Supply Chain. Dazu gehört auch ein Auge darauf, wie  Unternehmen innerhalb der Lieferkette mit ihrer eigenen Belegschaft in Bezug auf Gesundheit, Sicherheit und Ethik umgehen. In Summe kann all das zu gesünderen Arbeitsbedingungen führen, welche nicht nur aus ethischen Gründen wünschenswert sind, sondern auch aus unternehmerischer Sicht zu einer gesunden, nachhaltigen Produktivität beitragen.

2. Ressourcen schonen

Die Energie- und Klimakrise macht noch deutlicher, wie wichtig ein bewusster Umgang mit Ressourcen ist. Wasser, Gas, Holz u. a. Rohstoffe, stehen nicht unbegrenzt zur Verfügung. Gleichzeitig wirkt sich ein hoher Verbrauch auf den Klimawandel aus. Das sind bereits gute Gründe, Ressourcen zu schonen. Wenn durch Engpässe zusätzliche Knappheit besteht, kommt die Frage hinzu, ob und wie sich unter diesen Umständen die Geschäftstätigkeiten aufrechterhalten lassen. Das betrifft nicht nur produzierende oder verarbeitende Unternehmen, auch Bürotätigkeiten hängen in unserer immer digitaleren Welt von der Energieverfügbarkeit ab. Ein geringerer Verbrauch trägt damit sowohl zur Sicherung des Betriebs als auch zum Klimaschutz bei und wirkt sich ebenso auf die Kosten aus.

3. Arbeitgeberattraktivität steigern

In Zeiten des Fachkräftemangels reichen attraktive Gehälter und bunte Benefits nicht mehr aus, um Bewerber:innen zu überzeugen. Sie legen vermehrt Wert auf den Purpose von Unternehmen und der eigenen Arbeitstätigkeit. In welchem Maß ein Arbeitgeber zur Nachhaltigkeit beiträgt, wird damit zu einem wichtigen Auswahlkriterium bei Kandidat:innen und bedingt auch die Wechselwilligkeit der bestehenden Belegschaft. Neben einem „grünen Image“, mit dem sich Mitarbeiter:innen identifizieren können, hat eine nachhaltige Ausrichtung zudem Auswirkungen auf den Arbeitsalltag. Schlankere Prozesse oder die Möglichkeit zum mobilen Arbeiten tragen z. B. nicht nur zur Emissionssenkung bei. Sie entlasten auch die Mitarbeiter:innen und können ihre Work-Life-Balance verbessern, was sich auf die Produktivität und Zufriedenheit positiv auswirken kann.

4. Kundenbindung festigen

Auch Kunden fragen vermehrt nach Nachhaltigkeit. Endkund:innen legen Wert auf nachhaltige und faire Produkte, Produktionsmethoden und Lieferketten. Im B2B-Umfeld sind Unternehmen durch interne Vorgaben oder in Zukunft durch Berichtspflichten im Rahmen des Green Deal sogar verpflichtet, Geschäftspartner nach Nachhaltigkeitsaspekten auszuwählen. Somit wird Nachhaltigkeit für das Knüpfen neuer Geschäftsbeziehungen und für die Kundenbindung immer relevanter.

5. Innovationen fördern

Das Umdenken im Sinne der Nachhaltigkeit wirkt sich auch auf die strategische Ausrichtung des gesamten Unternehmens aus: Es eröffnet neue Geschäftsfelder und Geschäftsmodelle, neue Produkte, Absatz- und Vertriebsmöglichkeiten. Prozesse werden überdacht und neu ausgerichtet. In Summe schlummert hier also großes Potenzial für Innovationen, mit denen sich Unternehmen nachhaltig und zugleich im unternehmerischen Sinne zukunftsorientiert aufstellen können.

6. Finanzierung sicherstellen

Ob Innovation oder Kerngeschäft: Für alle Geschäftstätigkeiten benötigen Unternehmen eine stabile Finanzierung. Nachhaltigkeit wird dafür interessant, wenn man sich die Präferenzen von Kreditinstituten und Investoren anschaut. Investor:innen bevorzugen bei ihrer Kapitalanlage vermehrt grüne Unternehmen und Technologien, weil diese als zukunftsweisend gelten. Banken sind durch die BaFin dazu angehalten, bei der Kreditvergabe Nachhaltigkeitsrisiken im Sinne von ESG zu prüfen, z. B. ob ein Kreditnehmer eine zu hohe Quote fossiler Brennstoffe beim Energieverbrauch aufweist. Wer die Nachhaltigkeitskriterien erfüllt, hat also bessere Chancen auf eine Finanzierung.

7. Ethisches Handeln ermöglichen

Halten Unternehmen die ESG-Standards ein, schaffen sie damit die Rahmenbedingungen für nachhaltiges und zugleich ethisches Handeln. Das beginnt beim Thema Datenschutz und reicht bis hin zur Digitalen Ethik, durch welche z. B. die Entscheidungen von KI-basierten Anwendungen nachvollziehbar werden. Definierte Prozesse zum Umgang mit Ressourcen – zu denen auch Daten gehören – erleichtern Mitarbeiter:innen und Geschäftspartnern den ethischen und nachhaltigen Umgang damit.

Nachhaltigkeit nachhaltig umsetzen

Es gibt noch viele weitere Gründe, warum Nachhaltigkeit für Unternehmen Relevanz hat. Die Frage ist allerdings: Wie lassen sich Nachhaltigkeit und ESG umsetzen? Viele Unternehmen ergreifen bereits vereinzelte Maßnahmen, wie die anfangs genannte Studie zeigt: Recycling, CO2-Reduktion oder die Umstellung von Produktionsanlagen sind einige Beispiele. Was die Studie aber auch zeigt, ist das häufige Fehlen einer ganzheitlichen Strategie: Erst 40 % der Unternehmen haben heute eine Nachhaltigkeitsstrategie, das sind sogar 3 % weniger als im Jahr 2020. Einzelne Maßnahmen werden dagegen pragmatisch umgesetzt. Mit diesen allein wird eine nachhaltige Ausrichtung, die auch in Zukunft Wirkung zeigt, allerdings erschwert. Auch das Reporting, das durch den Green Deal der EU gefordert wird, erfordert einen ganzheitlichen Ansatz, um die umfassenden Kriterien mit möglichst geringem Aufwand zu erfüllen. Unternehmen, die ihre Geschäfts- und Nachhaltigkeitsstrategie verzahnen, wird dies leichter fallen. Durch die ganzheitliche Betrachtung wird bei ihnen transparent, wo relevante KPIs liegen, welche Bereiche und Prozesse sich gegenseitig beeinflussen und wie sich bei der Optimierung Synergien schaffen lasen. Interessant ist auch, wie solche Unternehmen ihre KPIs erheben und weiter optimieren: Sie nutzen gezielt Daten und KI, um z. B. Transparenz zu schaffen, Prognosen zu erstellen und Maßnahmen zu steuern. Da bei den meisten Unternehmen die digitale Transformation ohnehin auf der Agenda steht, lässt sich hier direkt ansetzen und der Aspekt Nachhaltigkeit mitberücksichtigen. Wenn dies geschieht, können Strategien und Nachhaltigkeitsmaßnahmen ineinandergreifen und nachhaltige Erfolge sicherstellen.

Wo stehen Sie in puncto Nachhaltigkeit und ESG und welche Fragen haben Sie zur Umsetzung dieser Themen? Unser Nachhaltigkeitsbeauftragter und ESG-Consultant Dr. Michael von Papen und seine Kolleg:innen stehen Ihnen gerne zur Seite und tauschen sich mit Ihnen zu Ihren strategischen Ansätzen und möglichen Lösungen aus: Hier können Sie Kontakt mit ihnen aufnehmen.