„Resiliente Unternehmen sind wie Stehaufmännchen: Sie gehen aufrecht aus jeder Krise hervor!“
Mehr Resilienz in Krisenzeiten: Das wünschen sich viele Unternehmen derzeit. Wie lässt sich die Resilienz konkret stärken? Aus seiner Projekterfahrung benennt Dr. Andrej Fischer drei essenzielle Bereiche, die für die Resilienz eines Unternehmens entscheidend sind.
Als ich etwa fünf oder sechs Jahre alt war, entdeckte ich bei meinen Großeltern im Wohnzimmerregal eine seltsame Figur. Ein kleines Pferdchen auf einem Podest. Wenn man an der richtigen Stelle unter dem Holzpodest drückte, sackte das Pferdchen in sich zusammen und lag müde und schlaff am Boden. Nahm man den Druck wieder weg, – zack – war es wieder das stolze lächelnde Pferdchen von vorher. Ich fand diesen simplen Mechanismus als Kind unheimlich faszinierend und konnte Stunden damit verbringen.
Heute erinnere ich mich an dieses Stehaufmännchen, wenn ich sehe, wie manche Unternehmen aus Krisensituationen hervorgehen. Sie knicken nur kurze Zeit ein und stehen danach wieder so stolz und aufrecht wie die Figur aus meiner Kindheit da. Sie sind resilient.
„Datengetriebene Unternehmen sind resilient wie Stehaufmännchen: Sie gehen aufrecht aus jeder Krise hervor!“
Wie lässt sich Resilienz gezielt stärken?
Manchen Unternehmen gelingt es besser als anderen, resilient zu sein. Warum ist das so? Was machen diese Unternehmen anders? Wirtschaftliche Resilienz hat viele Facetten. In den verschiedenen Digitalisierungsprojekten, die ich über die letzten Jahre vor allem in produzierenden Unternehmen betreut habe, konnte ich aber drei Bereiche ausmachen, in denen Daten eine wichtige Rolle für die Resilienz spielen. Als Gedankenstütze lassen sich die drei Bereiche den drei Ebenen des sog. Golden Circles von Simon Sinek zuordnen. Ausnahmsweise ist die Reihenfolge hier aber umgedreht, da diese drei Entwicklungsfelder in der Regel auch in dieser Reihenfolge bearbeitet werden.
- Order Flow: Resilienz durch schnelle Reaktionsfähigkeit auf Veränderungen (What)
- Bottom Line: Wirtschaftliche Resilienz durch Exzellenz im operativen Alltag (How)
- Top Line: Resilienz durch die Entwicklung neuer Geschäftsfelder (Why)
Order Flow: Schnelle Reaktion im Ausnahmefall dank Daten & BI (Control the „What“)
In resilienten Unternehmen wird schnell reagiert, wenn sich Auftragslage oder Lieferbedingungen ändern. Ein Beispiel: Lässt die Nachfrage nach bestimmten Lebensmitteln saisonbedingt bei Endkunden nach, bestellen Handelsketten weniger dieser Produkte beim Hersteller. Dieser muss nun seine Produktion und seine Bestellmengen für Rohware anpassen und Materialien zwischenlagern oder anderweitig absetzen. Das ist gutes ein Beispiel, wie man mit der Nutzung eigener Daten resilient bleibt bzw. resilient reagieren kann: Der Hersteller kann diese großen Schwankungen mithilfe von historischen Absatzdaten, Business Intelligence (BI) und ggf. KI-Prognosen antizipieren, ist bereits darauf eingestellt und hat Szenarien für den ausbleibenden Absatz vorbereitet. Den Auftragseingang und die Vertriebsprognose immer vor Augen, kann er blitzschnell reagieren. Das Gleiche funktioniert auch in die andere Richtung, wenn der Absatz plötzlich ansteigt. Da die Liefer- & Absatzplanung ein elementarer Baustein in der Kette der gesamten Unternehmensplanung ist, liegt hier eine der wichtigsten Stellschrauben, mit der sich die Resilienz des Unternehmens verbessern lässt. Je genauer und weitsichtiger der Absatz prognostiziert werden kann, umso mehr lassen sich durch proaktive Planung Prozesse beruhigen und effizient gestalten. Das erfordert allerdings auch eine ausgereifte Datenlogistik, bei der Daten über Abteilungen und Systeme hinweg transparent und just in time verfügbar sind. Erst so werden schnelle, datengetriebene Entscheidungen und flexible Reaktionen möglich – ein schnelles Zurückschnippen wie bei dem Stehaufmännchen.
Bottom Line: Grundresilienz durch Prozessperformance (Master the „How“)
Nicht nur schnelle Reaktionen auf Ausnahmesituationen zeichnen resiliente Unternehmen aus. Auch transparente und performante Prozesse im sonstigen Kerngeschäft tragen zur Resilienz bei. Mit ihnen können Ressourcen von Anfang an geschont und die wirtschaftliche Grundresilienz gefördert werden. Genau das passiert bei resilienten Unternehmen: Sie sorgen dafür, dass ihre Kernprozesse wie Auftragsverarbeitung, Kalkulation, Service und Qualitätsmanagement oder Kundenkommunikation hoch performant bleiben. Wie gelingt ihnen das? Ich beobachte z. B., dass sie mehr als andere Unternehmen auf Standards im Umgang mit Daten setzen und sie als strategische Ressource behandeln. Sie monitoren alle Kernprozesse laufend (Stichwort BI) und unterziehen sie so einem kontinuierlichem Verbesserungsprozess (KVP). Sie sorgen, ggf. mit KI-Lösungen, für eine gleichbleibend hohe Prozess-, Produkt- und Datenqualität, um die Performance im operativen Geschäft weiter auszubauen. Gleichzeitig ist dieses saubere Datenmanagement die Voraussetzung, um im Ausnahmefall alle relevanten Informationen für schnelle Entscheidungen parat zu haben. Das erfordert neben einer ganzheitlichen Datenstrategie auch Vertrauen in datengetriebene Prozesse und in Entscheidungen, die mithilfe von KI getroffen werden. Ein Vertrauen, das durch Transparenz, Qualitätssicherung und Standards entsteht, die den Leitlinien Digitaler Ethik folgen. Und letztendlich sorgen sie durch die Einbeziehung aller Mitarbeiter:innen in das Datenthema – durch die Steigerung der sog. „Data Competence“ – dafür, dass die gesamte Organisation ständig nach weiteren Ideen zur Prozessoptimierung sucht.
Top Line: Fit für die Zukunft mit neuen Geschäftsmodellen (Rethink the Why)
Der dritte Bereich, in dem sich die Resilienz von Unternehmen zeigt, ist die Top Line: die Umsatzbringer der Zukunft. Es geht dabei nicht um kurzfristige Maßnahmen zur Umsatzsteigerung heute, sondern um die langfristige, strategische Gestaltung des Geschäfts. Konkret: Welche Geschäftsmodelle und damit verbundenen Produkte und Services sind für die Business Continuity in den nächsten Jahren relevant? Das Entwickeln neuer Geschäftsmodelle ist ein kreativer Prozess, bei dem so viele Optionen wie möglich einbezogen werden sollten. Durch die Nutzung von Daten und digitalen Technologien kommen da viele neue Optionen dazu. Das macht es sicherlich auch kompliziert. Unternehmen können hier systematisch vorgehen, indem sie sich konkrete Leitfragen stellen:
Das folgende Beispiel, das ich in einem unserer Projekte bei einem Druckereiunternehmen begleitet habe, macht deutlich, was ich damit meine:
- Zentrale Kundenprobleme: Braucht der Handel wirklich die Printbeilage, also viele Tonnen „buntes Papier“? Oder zählt nicht eigentlich die Werbewirkung bei den Endkunden?
- Datenmonopole: Eine Agentur für die Durchführung von Kampagnen hat exklusive Informationen darüber, welche Branchen wo und wann zu welchen Themen werben. Das hat für den Handel u. U. große Bedeutung zur besseren Modellierung des eigenen Absatzes.
- Informationsfluss: Zur Optimierung von Kampagnen braucht man Daten zu regionalen Medien, deren Kosten, zu Werbeverweigerungsquoten und Soziographie. Aber auch zu regionalen Absatzdaten des Händlers. Es gilt, diesen Informationsfluss zu gestalten, also Datenformate und -austauschplattformen bereitzustellen.
- Services: Ein digitaler Service, der bei der Optimierung von Online-Marketingmaßnahmen hilft und zugleich die nach wie vor existierende Offline-Werbung messbar macht, hilft den werbenden Geschäften und den produzierenden Unternehmen dahinter. Ein neues Angebot entsteht, das zu den aktuellen und den zukünftigen Entwicklungen des Marktes passt.
Außerdem machen manche digitale Geschäftsmodelle den zukünftigen Absatz sogar noch planbarer, etwa durch Abo- und As-a-Service-Modelle, was sich günstig auf die Orderflow-Resilienz auswirkt.
Denke ich nun an mein Pferdchen, das lange im Keller lag, fällt mir umso mehr auf, wie resilient es ist. Über all die Jahre hat es seine Standhaftigkeit beibehalten – und dabei sogar eine neue Funktion erhalten, da ich es als Analogie für diesen Beitrag nutze. Es ist so stark, wie ich es mir für viele Unternehmen wünsche.
Welche Gedanken und Fragen haben Sie zum Thema „Resilienz in Unternehmen“? Tauschen Sie sich dazu gerne direkt mit Dr. Andrej Fischer und seinen Kolleg:innen aus: Hier können Sie Kontakt mit ihnen aufnehmen.