Testdurchläufe verkürzen und Produktionsstillstände vermeiden
Das neue Medikament ist entwickelt, die Produktion kann starten – wäre da nicht noch die Zulassungsbehörde mit ihren GxP-Anforderungen. Produkt und Verpackung müssen in der Pharmaindustrie Stabilitäts- und Integritätskriterien erfüllen. Beim Thema Verpackung muss zum einen der Nachweis über eine normgerechte Verpackung erbracht werden, zum anderen soll diese auch die internen Ansprüche an Qualität, Kosteneffizienz und Markendarstellung erfüllen. Solange die Vorversuche zur Ermittlung der optimalen Packparameter laufen, steht die Produktionsanlage dann oft still. Denn selbst wenn die Expert:innen an den Maschinen sehr viel Erfahrung und ein gutes Gefühl für einen sinnvoll zu testenden Parameterraum haben, sind bei neuen Packmitteln oft mehrere Testrunden nötig. Der Parameterraum und die Parameterabhängigkeiten sind einfach zu komplex und es gibt zahlreiche Packmittelkombinationen, die jeweils einzeln optimiert werden. Wir haben uns gefragt: Gibt es keinen schnelleren, einfacheren und nachhaltigeren Weg als Trial & Error?
Belastbare Daten statt Bauchgefühl
Tatsächlich existieren in der Pharmaproduktion meist umfangreiche Daten aus bereits abgeschlossenen Experimenten und aus der Produktion. Daraus lässt sich ein Regelwerk zur korrekten und optimalen Einstellung für unbekannte Packmittel ableiten, anstatt diese durch umständliche Messungen zu finden. Die Kunst dabei ist es, diejenigen Parameter im hochdimensionalen Raum zu optimieren, die auch den größten (direkten) Einfluss auf die spätere Qualität haben, und sich nicht mit denen aufzuhalten, die wenig oder sogar keinen Impact haben. Die Lösung dafür kann folgendermaßen aussehen: Zunächst werden die Daten zusammen mit der Abteilung Engineering & Technology und der Produktion sowie mit weiteren Expert:innen auf ihre Plausibilität und Nutzbarkeit hin geprüft. Anschließend geht es um die Identifikation von Korrelationen, Varianzen, Lücken und Auffälligkeiten. Dafür eignen sich klassische Methoden der Statistik und Datenanalyse. Allerdings sind die sehr komplexen hochdimensionalen Daten in der Pharmaproduktion nur schwer visualisierbar und damit auch nicht wirklich auswertbar. Es müsste wiederum eine manuelle Analyse angeschlossen werden. Hier kann Machine Learning Abhilfe schaffen und Aufschluss über Parameter geben, z. B. über die Feature Importance, über den Einfluss von Feature Engineering und über die Vorhersagequalität in Abhängigkeit in Bezug auf die verschiedenen Packmitteleigenschaften.
Diese Einblicke erlauben es, die Haupteinflusstreiber zu identifizieren und die Parameter zu benennen, in denen sich noch eine große Varianz versteckt. Statt Finetuning auf Grundlage von Bauchgefühl ergeben sich daraus valide Hauptparameter, die nur noch bestätigt werden müssen.
Digital Twins
Schnellere Medikamentenzulassung, personalisierte Behandlung, verbesserte Prävention: Digitale Zwillinge bergen enormes Potenzial für Forschung und Gesundheitswesen. In welchen Anwendungsfeldern sie zum Einsatz kommen, wie sich mit Federated Learning Regulatorik- und Compliance-Hürden überwinden lassen und welche Rolle eine Daten- & KI-Strategie dabei spielt, erfahren Sie hier.
Machine Learning als Ausweg aus der Machine Learning-Blackbox
Machine Learning ist der Hebel, mit dem sich die Tür zu den unbekannten Parametern öffnen lässt. Allerdings sind ML-Lösungen meist sehr komplex, durchaus wartungsintensiv und die mittels ML-Modell getroffenen Entscheidungen für Zulassungsbehörden nur schwer nachvollziehbar. Das wäre wenig nachhaltig und würde den Aufwand für die Zulassung nur verschieben, statt ihn zu reduzieren. Die Lösung liegt darin, dass Machine Learning letztendlich gar nicht mehr benötigt wird: Auf Basis der mit Machine Learning identifizierten wichtigsten Parameter und Variablen lässt sich idealerweise eine klar zu verstehende Formel ableiten, die in Data Informed Experiments zur Bestätigung bzw. Testung eines sehr kleinen Parameterraums zum Einsatz kommt. Das erspart ressourcenintensive, permanente ML-Projekte. Zugleich ist die gewonnene Formel erklärbar und wird so den regulatorischen Anforderungen gerecht.
Voraussetzungen prüfen
Damit diese Lösung funktioniert, muss ein Pharmaunternehmen bereits ein gewisses Level an „Digital Mindset“ erreicht haben. Denn nur wenn ausreichend relevante Daten vorhanden, aufbereitet und sehr gleichmäßig über den insgesamt möglichen Parameterraum gesampelt sind, können Zusammenhänge und Abhängigkeiten durch klassische Statistik und Machine Learning-Ansätze aufgedeckt werden. Ist diese Voraussetzung erfüllt, lassen sich monotone Tätigkeiten vermeiden, Entscheidungen transparent und datenbasiert treffen und Produktionsprozesse effizienter aufstellen.
Zudem erlaubt es die Allgemeingültigkeit der Lösung auch, diese in Zukunft leicht auf andere Produktionsanlagen anzupassen, da nur sehr wenige ausgewählte Messpunkte erfasst werden müssen. Die Kombination aus klassischem Fachwissen und Digitalisierung führt so zu einer nachhaltigen Optimierung.
Erfüllen Sie die Voraussetzungen für diese Art der Prädikation von Produktionsparametern bereits oder schaffen Sie hierfür gerade die Grundlagen? Sprechen Sie unseren Pharma-Experten Dr. Henning Dickten an und finden Sie es gemeinsam mit uns heraus! Hier können Sie mit ihnen Kontakt aufnehmen.